Direktionsrecht versus Religionsfreiheit (?)

Darf ein Unternehmen der Privatwirtschaft einer Arbeitnehmerin das Tragen eines Kopftuchs verbieten?

Das Verbot eines Unternehmens der Privatwirtschaft, auffällige großflächige Zeichen religiöser, politischer und sonstiger weltanschaulicher Überzeugungen am Arbeitsplatz zu tragen, wirft Fragen nach der Auslegung von Unionsrecht auf. Das Bundesarbeitsgericht hat beschlossen, diese Fragen im Zusammenhang mit Konventions- und Verfassungsrecht dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung vorzulegen und diesen um eine Vorabentscheidung gebeten.

Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. Das Bundesarbeitsgericht ersucht den EuGH, Fragen nach der Auslegung der Richtlinie 2000/78/EG und dem Verhältnis von primärem Unionsrecht und nationalem Verfassungsrecht zu beantworten:

Ist eine allgemeine Anordnung in der Privatwirtschaft, die auch das Tragen auffälliger religiöser Zeichen verbietet, aufgrund der von Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) geschützten unternehmerischen Freiheit diskriminierungsrechtlich stets gerechtfertigt?

Oder kann die Religionsfreiheit der Arbeitnehmerin berücksichtigt werden, die von der GRC, der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und dem Grundgesetz geschützt wird?

Die Klägerin ist muslimischen Glaubens. Sie ist als Verkaufsberaterin und Kassiererin bei der Drogeriemarktkette Müller beschäftigt. Nach Rückkehr aus der Elternzeit trug die Klägerin – anders als zuvor – ein Kopftuch. Sie erfüllt damit ein islamisches Bedeckungsgebot, das sie als zwingend empfindet. Der Aufforderung der Beklagten, das Kopftuch am Arbeitsplatz abzulegen, kam die Klägerin nicht nach.

Die Beklagte stützt sich zuletzt auf eine für alle Verkaufsfilialen geltende Kleiderordnung. Nach ihr ist das Tragen auffälliger großflächiger religiöser, politischer und sonstiger weltanschaulicher Zeichen am Arbeitsplatz verboten. Mit ihrer Klage will die Klägerin festgestellt wissen, dass die darauf beruhende Weisung der Beklagten unwirksam ist. Sie ist der Auffassung, die Weisung sei unwirksam, weil sie dadurch wegen ihrer Religion diskriminiert werde. Die Beklagte beruft sich auf ihre unternehmerische Freiheit und den Schutz der negativen Religionsfreiheit ihrer Kunden und Arbeitnehmer.

EuGH hat bereits zwei Fälle entschieden

Hintergrund für den Verweis an den Europäischen Gerichtshof sind zwei Urteile aus dem Jahr 2017. Die Richter in Luxemburg erlaubten in diesen Fällen Kopftuchverbote im Job, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu zählt, dass weltanschauliche Zeichen generell in der Firma verboten sind, es gute Gründe dafür gibt. Allein der Wunsch von Kunden reicht für ein Verbot aber nicht aus.

Näheres siehe Pressemitteilung des BAG hier

Beschluss des BAG vom 30.01.2019 Az: 10 AZR 299/18 >> hier

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