Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) trat am 10. Juni 2021 in Kraft und beinhaltet Regelungen für eine inklusive Kinder- und Jungendarbeit. Das Gesetz sieht eine schrittweise Reformierung des SGB VIII bis zum 01. Januar 2028 vor. Zu diesem Zeitpunkt sollen die Jugendämter für alle Kinder und Jugendlichen zuständig sein, unabhängig davon, ob diese eine Behinderung haben oder nicht.
Kern der Reform ist eine umfassende Stärkung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen. Die erste Reformstufe trat am 10. Juni 2022 in Kraft und verankert eine inklusive Ausrichtung insbesondere die Schnittstellenbereinigung zur Eingliederungshilfe. Eine zweite Reformstufe wurde zum 01. Januar 2024 umgesetzt, unter anderem mit der Einführung von Verfahrenslotsen. Diese stehen Betroffenen und dessen Angehörigen beratend zur Seite und unterstützen die Jugendämter bei der Zusammenführung von Rehabilitationsträgern.
Im aktuell dritten Schritt legte das Ministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) der Bundesregierung am 16. September 2024 einen Referentenentwurf für das Gesetzgebungsverfahren vor. Durch die Vorlage des Entwurfs wurde die Länder- und Verbändeabstimmung eingeleitet, diese konnten bis zum 02. Oktober 2024 eine Stellungnahme abgeben. Derzeit befindet sich das Verfahren in der Überarbeitung durch das Bundeskabinett und folgend zur Beschlussfassung durch den Bundesrat.
Das BMFSFJ unterstreicht, dass der Gesetzesentwurf auf den Ergebnissen eines Beteiligungsprozesse unter dem Motto „Gemeinsam zum Ziel: Wir gestalten die Inklusive Kinder- und Jugendhilfe“ basiert. Daran haben zusammengenommen über 4000 Beteiligte – Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen, der Länder und des Bundes, aus Fachverbänden und Selbstvertretungsorganisationen, aus Wissenschaft und Forschung sowie nicht zuletzt Expertinnen und Experten in eigener Sache, also junge Menschen mit und ohne Behinderungen und Eltern aus der Kinder- und Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe – Gestaltungsoptionen einer Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe mitgewirkt.
Welche Änderungen sollen erfolgen?
Bisher sind die Zuständigkeiten für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen unterteilt. Verantwortlich für sogenannte körperliche oder geistige Behinderungen ist die Eingliederungshilfe nach dem SGB IX. Bei einer sogenannten seelischen Behinderung ist die Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII verantwortlich.
Die Zusammenführung der Leistungen sollen Zugangsbarrieren abbauen und eine gleichberechtigte Nutzung aller Personen ermöglichen.
Schwerpunkte des Entwurfs betreffen:
– Die Rechtsfolge insbesondere in Bezug auf die neu geregelten Leistungskataloge und die Zugangsvoraussetzungen.
– Die Bedarfsermittlung und die Hilfe- bzw. Gesamtplanung
– Ein Landesrechtsvorbehalt
– Die Finanzierung und das Vertragsrecht
Laut einiger Stellungnahmen von Verbänden und Fachkreisen besteht Verbesserungsbedarf vor einer Verabschiedung des Entwurfs. Befürchtet wird, dass die Dokumentation und Planung noch präziser und detaillierter erfolgen müssen, um den neuen Anforderungen zu genügen. Das Zuständigkeitswechsel tiefgreifende Auswirkungen auf die Betroffene und Beschäftigte haben. Das organisatorische Umstellungen und neue Arbeitsabläufe die Umsetzung bestehender Maßnahmen erschwert und das neue Finanzierungsmodelle mehr bürokratischen Aufwand bedeuten. Zudem wird der Länderrechtsvorbehalt Kritsch aufgenommen, hierbei könnte es zu unterschiedlichen Auslegungen und Handhabungen in den einzelnen Bundesländern kommen. Eine einheitliche Qualität der Hilfen ist dadurch nicht sicher zu stellen.
Laut des Bundesministeriums ist das Gesetz hingegen so ausgestaltet, dass ihre Umsetzung die Praxis nicht überfordert – vor allem durch klare, gut handhabbare Regelungen. BMFSFJ – Referentenentwurf zur Ausgestaltung der Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe
Es bleibt abzuwarten in welcher Fassung das Gesetz beschlossen und welche Auswirkungen es mit sich bringen wird. Grundsätzlich werden die Einrichtungen und dessen Beschäftigte vor neue Herausforderungen gestellt. Wir Mitarbeitervertretungen sind ebenfalls angehalten die gesetzlichen Änderungen im Betrieb und Sinne der Beschäftigten zu begleiten.