Bundesarbeitsgericht:
Kündigung eines Chefarztes wegen Wiederheirat
Die höchsten deutschen Gerichte sind über die Rechte der kirchlichen Arbeitgeber im Streit. Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden dass kirchliche Arbeitgeber differenzierte Loyalitätsanforderungen an Mitarbeiter unterschiedlicher Kirchen, sowie an konfessionslose Mitarbeiter, stellen dürfen.
Konkret geht es um eine katholische Klinik, die einem katholischen Chefarzt gekündigt hat, weil er ein zweites Mal geheiratet hatte.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt musste am 28. Juli auf Veranlassung des Bundesverfassungsgerichts ein zweites Mal über den Fall verhandeln. Das BAG hat den Sachverhalt nun dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg zur Prüfung vorgelegt.
Laut BAG darf zwar ein katholisches Krankenhaus einem katholischen Chefarzt nach seiner Wiederheirat kündigen, weil er damit gegen kirchliche Werte verstoßen habe. Das Gericht hat allerdings Zweifel daran, ob kirchliche Arbeitgeber die eigenen kirchlichen Mitglieder bei einem Fehlverhalten schärfer bestrafen dürfen als Mitglieder anderer Kirchen oder Konfessionslose.
Schwerwiegender Loyalitätsverstoß
Im vorliegenden Fall ließ sich ein Chefarzt eines Düsseldorfer katholischen Krankenhauses Ende 2005 von seiner Ehefrau scheiden und zog kurz darauf mit seiner neuen Lebensgefährtin zusammen. Als er seine Partnerin 2008 standesamtlich heiratete, kündigte ihm der kirchliche Arbeitgeber. Eine Weiterbeschäftigung sei ausgeschlossen, da der Chefarzt mit der Wiederheirat einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß gegen die kirchlichen Grundsätze begangen habe.
Das BAG hielt die Kündigung in einem Urteil vom 8. September 2011 für unwirksam. Zwar dürfe ein katholischer Arbeitgeber leitenden Beschäftigten wegen einer Wiederheirat kündigen, sie müssten aber alle Mitarbeiter gleich behandeln. Hier habe die Klinik dem katholischen Chefarzt gekündigt, während evangelische Chefärzte nach einer zweiten Ehe nicht entlassen wurden.
Mangelhafte Abwägung
Das Bundesverfassungsgericht hob dieses Urteil am 22. Oktober 2014 wieder auf und verwies den Fall ans BAG zurück. Die Erfurter Richter hätten die Interessen der katholischen Klinik und des Chefarztes fehlerhaft miteinander abgewogen. Denn die katholische Kirche habe das Recht, ihre eigenen Mitglieder schärfer zu sanktionieren als Nichtmitglieder, wie beispielsweise evangelische Chefärzte.
Das BAG hat in seinem aktuellen Beschluss jedoch Zweifel, ob das Bundesverfassungsgericht damit im Einklang mit EU-Recht steht. Werde unterschieden zwischen Arbeitnehmern, die der Kirche angehören, und solchen, die einer anderen oder keiner Kirche angehören, könne nach EU-Recht der Anspruch auf Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf verletzt sein. Jetzt soll der EuGH entscheiden.
Quelle: epd sozial
BAG Pressemeldung Az.: 2 AZR 746/14 (A) >> hier
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Oktober 2014 Az.: 2 BvR 661/12 >> hier
BAG-Urteil vom 8. September 2011 Az.: 2 AZR 543/10 >> hier
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