So das Fazit der Bundeskonferenz in ihrer Resolution
In ihrer diesjährigen Klausurtagung hat sich die Bundeskonferenz der Gesamtausschüsse und Arbeitsgemeinschaften auch mit der Verfassungsklage der Diakonie Deutschland gegen eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) beschäftigt und die nachfolgende Resolution verabschiedet.
Das BAG hatte geurteilt, dass Diakonische Einrichtungen nicht von jedem und jeder ihrer Beschäftigten verlangen kann, Mitglied einer Kirche zu sein. Dieses dürfe nur dann gefordert werden, wenn es für die konkrete Stelle wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt ist. (siehe Meldung >> hier )
Resolution
Bundeskonferenz begrüßt Rechtsprechung
Die Bundeskonferenz begrüßt die o. a. Rechtsprechung des
BAG, die den Vorgaben des Europäischen Gerichtshof (EuGH) folgt, ausdrücklich.
Schon viel zu lange haben Kirche und Diakonie aus der Norm des Art. 140
Grundgesetz (GG) iVm. Art. 137 Weimarer Reichsverfassung (WRV) überzogene
Rechte mit weitreichenden Auswirkungen auf die Beschäftigten abgeleitet.
In Art. 137 Abs. 3 WRV heißt es: „Jede Religionsgesellschaft ordnet und
verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle
geltenden Gesetzes.“ Dort steht nicht, dass die Religionsgemeinschaft
irgendetwas selbst bestimmt. Ordnen und verwalten ist etwas fundamental anderes
als bestimmen.
Das heutige kirchliche Arbeitsrecht ist eine „Nebenrechtsordnung“ als Ergebnis
einer Politik, die vor 70 Jahren den Weg dazu geebnet hat. Viel zu lange hat
die Rechtsprechung in Deutschland sie unkritisch hingenommen und sogar zur
Entscheidungsgrundlage gemacht. Anders als in der Weimarer Republik, in der das
Betriebsrätegesetz auch für kirchliche Einrichtungen Geltung hatte, gilt das
Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) in diakonischen Einrichtungen nicht. Dieses
erreichten die Kirchen im Jahr 1952 unter anderem mit dem Versprechen, für ihre
Betriebe bessere Regelungen zu schaffen.
Kirchen halten nicht Wort
Dieses Versprechen haben die Kirchen bis heute nicht
eingelöst. Selbst das Versprechen, das führende Vertreterinnen und Vertreter
der EKD auf der vergangenen Synode im November 2018 in Würzburg gaben, wurde
gebrochen: Zunächst äußerten sie, dass Kirchengesetze, die mit weltlichen
Gesetzen konkurrieren, nur soweit von staatlichen Gesetzen abweichen sollen,
wie es theologisch geboten sei. In Folge änderten sie das
Mitarbeitervertretungsgesetz in einer Weise, die z. B. im Bereich
Einigungsstellen sehr deutlich hinter dem BetrVG zurück bleibt, ohne dass
dies auch nur im Geringsten theologisch begründbar ist.
Kein Verständnis für Gang nach Karlsruhe
Die Bundeskonferenz hat kein Verständnis für die Anrufung
des Bundesverfassungsgerichtes durch die Diakonie Deutschland. Es hätte der
Diakonie gut angestanden, die Entscheidung des BAG zu akzeptieren und ihre
Einstellungspraxis entsprechend anzupassen. Zumal es in der Praxis der
Einstellung ohnehin ein sehr buntes Bild gibt: Von Einrichtungen, die Niemanden
einstellen, der nicht Christ ist, bis zu Einrichtungen die danach nicht einmal
fragen, ist alles dabei.
Völlig unverständlich ist für die Bundeskonferenz die Begründung, die der
Präsident der Diakonie, Ulrich Lilie, u. a. für den Gang nach Karlsruhe gegeben
hat:
- „Menschen, die unsere Hilfe in Anspruch nehmen, dürfen schließlich erwarten, dass sie in einem kirchlichen Umfeld umsorgt werden, dass sie bei Bedarf zum Gottesdienst geleitet werden, mit ihnen gebetet wird. Dazu gehört, dass in diakonischen Einrichtungen evangelische Christen arbeiten. Nicht zwingend überall, aber dort, wo es nach unserem Selbstverständnis erforderlich ist.“
- „Mit unserer Verfassungsklage wenden wir uns dagegen, dass theologische Kernfragen von Juristen entschieden werden.“
- „Jedenfalls ist tiefe Skepsis angebracht, ob Juristen besonders geeignet sind, darüber zu entscheiden, ob eine Person den möglichen religiösen Anforderungen an eine Stelle entspricht.“
Diakonie spricht Richtern pauschal die Kompetenz ab
Die Bundeskonferenz findet es ungeheuerlich, dass die Diakonie Deutschland sämtlichen Richtern die Kompetenz abspricht, zu entscheiden, ob die Mitgliedschaft in einer Kirche für eine konkrete Stelle wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt ist.
Richter*innen müssen häufig über sehr komplexe Sachverhalte entscheiden. Sie lernen in ihrer Ausbildung, Beweise zu erheben und zu bewerten. Das wird dann wohl auch für theologische Aussagen, die die Kirche macht, möglich sein. Nur müssen dann die Kirche bzw. die einstellende Einrichtung klipp und klar darlegen, weshalb für die bestimmte Stelle die Mitgliedschaft tatsächlich wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt ist und nicht nur gefühlt. Offenbar wollen sie sich davor drücken.
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