Im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition war noch von Verbesserungen beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) die Rede. Dort hieß es: „Das Betriebliche
Eingliederungsmanagement wollen wir als Instrument auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite stärker
etablieren mit dem Ziel, es nach einheitlichen Qualitätsstandards flächendeckend verbindlich zu
machen (Beispiel „Hamburger Modell“).“ Nun liegt der Referentenentwurf der geplanten Gesetzesänderung vor und lässt leider schlimmes erahnen.
Individueller Anspruch der Betroffenen wird nicht festgeschrieben
Entgegen der Ankündigung von SPD-Parteivorsitzenden Saskia Esken gegenüber einem Vertreter der „BEM-Initiative“ im August 2021 ist der individuelle Anspruch des Betroffenen auf ein BEM-Verfahren weiterhin nicht im Referentenentwurf geregelt. Den Anspruch auf Einleitung des Verfahrens gibt es demnach explizit nur für die betriebliche Interessenvertretung. Eine konkludente Annahme eines Anspruchs für den Betroffenen wird umso schwerer, je öfter der Gesetzgeber diesen Anspruch nicht ins Gesetz aufnimmt. Arbeitgeber könnten sich in Zukunft darauf berufen, dass der Gesetzgeber den Anspruch absichtlich nicht aufgenommen hat und den betroffenen Arbeitnehmer:innen die Einleitung des Verfahrens verweigern.
Ausgleichsabgabe erhöht sich, Bußgelder entfallen
Zwei weitere Neuregelungen im Gesetzesentwurf betreffen die Arbeitgeber, die sich anhaltend gegen die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen stellen. Unternehmen, die die festgelegte Quote in ihrer Arbeitnehmer:innenschaft nicht erfüllen, müssen eine sog. Ausgleichsabgabe zahlen. Diese wird nach dem Referentenentwurf nun höher ausfallen als bisher. Im Gegenzu dazu entfällt aber der Bußgeldtatbestand für notorische „Nichtbeschäftiger“. Im Grunde bedeutet dies, dass sich Arbeitgeber in Zukunft von der Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen für einen geringen Betrag „freikaufen“ können, ohne dafür ein Bußgeld befürchten zu müssen.
Fazit: So geht Beschäftigungförderung nicht!
Es ist hinlänglich erwiesen, dass die Förderung der Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen für den Staat weitaus kostengünstiger ist, als dauerhaft volle Lebensunterhaltsleistungen bezahlen zu müssen. Der vorgelegte Referentenentwurf geht allerdings genau in die entgegengesetzte Richtung und verschlechtert die Beschäftigtenrechte im BEM-Verfahren ungemein. Hier muss zwingend nachgebessert werden. Das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag muss eingehalten werden!
Weitere Informationen – was können wir tun?
>> Homepage zur „BEM-Initiative“
>> Postkartenaktion der BEM-Initiative – Teilnahme dringend empfohlen!
>> Erklärung des „Hamburger Modell“ zum stufenweisen Wiedereinstieg
>> Referentenentwurf zum BEM-Verfahren
>> weitere Informationen in einer Bewertung von Prof. Franz Josef Düwell