„Schon am Anfang meiner Ausbildung musste ich in einem Altenheim eine Wohngruppe mit 13 Bewohnern allein betreuen, weil kein Personal da war. Auch Medikamente habe ich alleine austeilen müssen, dass darf ich als Auszubildende eigentlich nur unter Aufsicht tun. Häufig muss ich die Fachkräfte ersetzen“, so die Aussage einer Auszubildenden in der stationären Pflege.
Diese Aussage ist kein Einzelfall, die Unzufriedenheit unter den Auszubildenden ist groß. Unzuverlässige Dienstpläne, Arbeitsverdichtung und Überstunden bilden ein realistisches Bild der Pflegeausbildung ab. Die Abbrecherquote liegt bei rund 30 Prozent und ist somit weitaus höher als in anderen Berufszweigen. Die Abbrüche beruhen oftmals, aber nicht ausschließlich, auf den Arbeitsbedingungen, sie sind ebenfalls auf sprachliche und persönliche Gründe zurückzuführen.
Von den Auszubildenden wird zudem die häufig ungenügende Unterstützung und Praxisanleitung während der Ausbildung als Kritikpunkt benannt. Anja Hild vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe in Berlin sagt: „Wir hören aus unseren Arbeitsgruppen junger Pflegender häufig, dass die Praxisanleitungen durch erfahrene Kolleginnen und Kollegen nicht im geforderten Maß stattfinden.“
Eine gute Ausbildung ist der Schlüssel
Um die dringend benötigten Fachkräfte für die Pflege zu gewinnen und im Beruf zu halten, ist eine gute Ausbildung der Schlüssel.
Auszubildende äußern, „Mehr Planbarkeit würde die Ausbildung attraktiver machen. Ich erfahre erst donnerstags, wie ich in der nächsten Woche arbeite. Wie soll man so sein Privatleben organisieren? Die Lehrkräfte sollten pädagogisch fortgebildet sein – was leider oft nicht der Fall ist. Nicht jeder, der die fachlichen Kenntnisse hat, kann sie auch gut vermitteln. Gleiches gilt für die Praxisanleitung. Wenn einem nicht richtig gezeigt wird, wie es geht, dann hängt man in der Luft und macht Fehler.“
Neben den Auszubildenden selbst, üben auch Praxisanleiter Kritik an der derzeitigen Situation, „Die Pflegeausbildung ist sehr anspruchsvoll – sowohl im schulischen als auch im praktischen Teil. Manche unterschätzen das. Wichtig ist, Auszubildende individuell zu unterstützen, wenn sie zum Beispiel in bestimmten Fächern Schwierigkeiten haben. Und es braucht Zeit für strukturierte Praxisanleitung. Das kann nicht nur nebenherlaufen.“
Der Bundesverband privater Anbieter (bpa) stellt sogar die gesamte derzeitige Pflegeausbildung in Frage. bpa-Bundeschef Bernd Meurer Grund, „Warum wurde das Erfolgssystem der Altenpflegeausbildung abgeschafft, nachdem es zehn Jahre lang massive Zuwächse bei den Azubis von insgesamt 60 Prozent aufweisen konnte?“ Das sei genau die Aufwärtsentwicklung, die man angesichts der weiter steigenden Zahlen von Pflegebedürftigen dringend wieder bräuchte. „Stattdessen wurden durch neue und komplizierte Ausbildungsabläufe viele Interessierte und viele kleine Ausbildungsbetriebe verprellt. Wer sich jetzt noch einer sachlichen Diskussion um die Entwicklungen seit Einführung der generalistischen Pflegeausbildung und die Zukunft der Altenpflegeausbildung verschließt, handelt ideologiegetrieben und nicht im Sinne der Pflegebedürftigen, deren Versorgung vielerorts längst nicht mehr sichergestellt ist.“
Die Bemühungen der Bundesregierung die Ausbildung attraktiver zu machen
Nach eigenen Angaben will die Bundesregierung die Pflegeberufe und die Pflegeausbildung attraktiver gestalten. „Auf Grundlage der branchenübergreifenden Fachkräftestrategie der Bundesregierung arbeitet das Bundesministerium für Gesundheit daher aktuell an einer Fachkräftestrategie für den Gesundheits- und Pflegebereich“, heißt es von der Bundesregierung.
Mit dem in Vorbereitung befindlichen Pflegekompetenzgesetzt sollen die Befugnisse der Pflegefachkräfte erweitert und vorhanden Ressourcen besser genutzt werden. Mit der Schaffung einer bundeseinheitlichen Pflegeassistenzausbildung soll die personelle Basis der Pflege auch unterhalb des Fachkraftniveaus gestärkt werden.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wirbt für eine Umschulung zur Pflegefachkraft.
Foto/Grafik: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ob diese Bemühungen ausreichend sind, bleibt abzuwarten. Bisher ist keine Verbesserung der mehr als angespannten Situation in Sicht.