Zur anstehenden Bundestagswahl, die in ungefähr zwei Wochen stattfindet, hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gewerkschaftliche Forderungen aufgestellt und veröffentlicht. Es geht um Mitbestimmung, stärkere Tarifbindung, Investition in Fachkräfte und die Einhaltung geltender arbeitsrechtlicher Gesetze.
Die 9 wichtigsten Forderungen des DGB
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Der DGB hat seine Forderungen gewichtet und präsentiert die 9 wichtigsten Forderungen. Einen Auszug davon möchten wir hier präsentieren:
- Reform des Steuersystems: Das Steuersystem muss gerechter werden, damit Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen entlastet werden. Wer dagegen ein sehr hohes Einkommen oder Vermögen hat, soll stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen. Die Vermögensteuer muss wieder eingeführt werden.
- Stärkere Tarifbindung: Wir fordern dringend ein wirksames und unumgehbares Bundestariftreuegesetz, damit Unternehmen nur dann öffentliche Aufträge bekommen, wenn sie Tarifverträge anwenden und nach Tarif zahlen. Die Bundesregierung muss außerdem schnell einen Aktionsplan zur Stärkung der Tarifbindung vorlegen.
- Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes und Investitionen in Fachkräfte: Unbezahlte Überstunden, ständige Erreichbarkeit und steigender Arbeitsdruck müssen gestoppt werden. Zudem sollen Fachkräfte aus dem In- und Ausland, junge Menschen sowie Aus- und Weiterbildung stärker gefördert werden. Um mehr Frauen die Möglichkeit zu geben, erwerbstätig zu sein, brauchen wir verlässliche Kinderbetreuung, bessere Pflege-Angebote und eine gerechte Aufteilung der Sorgearbeit.
- Mitbestimmung im Betrieb: Betriebsratsgründungen müssen erleichtert, die Behinderung von Betriebsräten („union busting“) muss verhindert und strafrechtlich als Offizialdelikt eingestuft werden. Wer einen Betriebsrat gründen will, soll besser vor Kündigung geschützt werden.
- Stabilisierung und Erhöhung des Rentenniveaus: Das Rentenniveau soll bei 48 Prozent stabilisiert und im nächsten Schritt auf 50 Prozent erhöht werden. Das Rentenalter darf keinesfalls weiter angehoben werden.
Bundestagswahl richtungsweisend für Arbeitnehmer:innen
Die kommende Bundestagswahl ist für Arbeitnehmer:innen richtungsweisend. Konservative und auch radikale Parteien haben sich Ziele gesetzt und kommuniziert, die Arbeitnehmer:innenrechte massiv einschränken würden und unsere Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte in kürzester Zeit wegwischen könnten. Einige Äußerungen möchten wir hier exemplarisch kommentieren:
- „Wir modernisieren das Arbeitsrecht. Künftig soll für Unternehmen anstelle der täglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit gelten.“ (Quelle: Wahlprogramm der CDU/CSU)
„Wir Freie Demokraten wollen das deutsche Arbeitszeitgesetz reformieren, indem wir mit einer wöchentlichen statt einer täglichen Höchstarbeitszeit neue und flexible Arbeitszeitmodelle ermöglichen.“ (Quelle: Wahlprogramm der FDP)
Kommentar: Diese Forderung weicht den Arbeitsschutz in zeitlicher Hinsicht deutlich auf. Wenn die tägliche Höchstarbeitszeitgrenze fällt, ist der Entgrenzung der Arbeitszeit Tür und Tor geöffnet. Wer dann am einen Tag durch 12h-Dienste eine extreme Belastung erfährt, wird dies nicht lang durchhalten. Eine entsprechende Regelung ist entschieden abzulehnen. - „Wir stehen zum gesetzlichen Mindestlohn und einer starken, unabhängigen Mindestlohnkommission. Lohnfindung muss Sache der Sozialpartner sein – im Sinne von Fairness und wirtschaftlicher Vernunft. (Quelle: Wahlprogramm der CDU/CSU)
Kommentar: Der Mindestlohn ist eine gesetzliche Notwendigkeit und Europarecht gibt die Untergrenze vor. Er unterliegt keiner freien Aushandlung durch Sozialpartner, sondern stellt eine gesetzlich zwingende Absicherung dar, die in ihrer Höhe eben nicht frei verhandelbar ist. Der Mindestlohn muss erhöht werden, damit auch im Niedriglohnsektor ein auskömmliches Einkommen gesichert ist. - „Wir fordern zudem eine Modernisierung des Streikrechts. Natürlich ist das Streikrecht ein wichtiges Grundrecht. In kritischen Bereichen wie Transport, Gesundheits- und Sozialversorgung, Kindertagesstätten, Energie, Brand- und Zivilschutz sowie Abfallentsorgung braucht es jedoch eine verpflichtende Schlichtungsvereinbarung zu Beginn von Tarifverhandlungen sowie Mindestankündigungsfristen sowie die Sicherstellung eines Notbetriebs.“ (Quelle: Wahlprogramm der FDP)
Kommentar: In den Bereichen, in denen es notwendig ist, gibt es schon heute Notbetrieb während eines Streiks. Dies wird von den Gewerkschaften sichergestellt. Im Beispiel des Brand- und Zivilschutz sind weit überwiegend ehrenamtliche Kräfte oder Beamte tätig. Einen Streik gibt es dort kaum. Kindertagesstätten und die Öffnung der dort angebotenen Gruppenbetreuungen sind viel mehr durch hohe Arbeitsbelastung und Personalmangel bedroht, als durch Streik. Eine verpflichtende Schlichtungsvereinbarung greift in die Tarifautonomie der Tarifparteien ein und schwächt als Ersatz des Streiks die gewerkschaftliche Position und damit Arbeitnehmer:innenrechte. Dies ist unbedingt abzulehnen. - „Das veraltete Arbeitszeitgesetz schaffen wir ab, um flexible Arbeitszeiten zu ermöglichen. Flexible Arbeitszeiten, Teilzeit, Jobsharing, bzw. Topsharing und Homeoffice soll es Frauen wie Männern ermöglichen, Beruf und Familie besser zu vereinbaren.“ (Quelle: Wahlprogramm der FDP)
Kommentar: Eine bessere Vereinbarung von Beruf und Familie ist auf jeden Fall zu begrüßen. Über die Abschaffung des Arbeitszeitgesetzes ist dies jedoch nicht zu gewährleisten. In vielen Bereichen sind Homeoffice und flexible Arbeitszeiten nicht möglich und kein Heilsbringer. Die Schutzrechte und Grenzen des Arbeitszeitgesetzes abzuschaffen, führt in vielen Bereichen zu einer Entgrenzung und damit zu einer noch viel schlechteren Vereinbarkeit bestimmter Berufsbilder mit dem Familienleben. Wir lehnen dies ab.
Auch die radikale selbsternannte Alternative für Deutschland ist nicht für die Stärkung von Arbeitnehmer:innenrechten bekannt. Dass diese Positionen in ihrem Wahlprogramm gänzlich fehlen und von uns somit nicht kommentiert werden können, sollte uns allen zu denken geben. Insofern ist diese selbsternannte Alternative für uns selbstverständlich keine. Insofern: wählt weise und wählt Parteien innerhalb des demokratischen Spektrums.
Wahl-O-Mat online verfügbar
Seit kurzem ist der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung als Entscheidungshilfe zur Wahl online verfügbar und unter folgendem Link zu erreichen: