Kirchliche Arbeitgeber dürfen Beschäftigte erst nach Abschluss des Mitbestimmungsverfahrens kündigen. Hat die Mitarbeitervertretung (MAV) nach dem Hinweis auf eine beabsichtigte Kündigung lediglich erklärt, „für einen weiteren Austausch zur Verfügung“ zu stehen, stellt dies noch keine Zustimmung zur Entlassung des Arbeitnehmers dar.
Mit dieser Entscheidung kippte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem am 13. Januar veröffentlichten Urteil vom 22. Oktober 2015 die Änderungskündigung eines Chefarztes an einem diakonischen Krankenhaus im Rheinland. Der Arzt war als „leitender Angestellter“ seit Mai 2004 als Chefarzt für Innere Medizin angestellt.
Die diakonische Klinik kündigte dem Beschäftigten zum 30. September 2012 und bot ihm gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als Chefarzt der medizinischen Klinik I – Allgemeine Innere, Diabetologie, Gastroenterologie, Hämato-/Onkologie an. Grund war eine Änderung des Klinikzuschnitts.
Änderungskündigung unter Vorbehalt
Entsprechend den kirchenrechtlichen Bestimmungen hatte der Arbeitgeber vorab die MAV um Zustimmung zur Kündigung gebeten. Diese hatte sich für die „umfassende Information“ bedankt und mitgeteilt, dass sie für einen weiteren Austausch zur Verfügung stehe. Der Chefarzt wollte eigentlich weiter Chefarzt der gesamten Klinik für Innere Medizin bleiben und nicht nur für einen Teilbereich. Er nahm daher die Änderungskündigung nur unter Vorbehalt an. Der Mediziner rügte, dass die MAV ihr nicht zugestimmt habe. Die Klinik meinte, dass die MAV ausreichend beteiligt worden sei und sie eine abschließende Stellungnahme abgegeben habe. Außerdem sei der Chefarzt „leitender Angestellter“, so dass die MAV überhaupt nicht beteiligt werden müsse.
Grenzen des Direktionsrechts
Das BAG urteilte, dass die Änderungskündigung unwirksam ist, da sie vor Abschluss des vorgeschriebenen Mitbestimmungsverfahrens erklärt wurde. Der Kläger sei nicht als „leitender Angestellter“ im Sinne des Mitarbeitervertretungsgesetzes der Evangelischen Kirche im Rheinland anzusehen. Die Tätigkeit eines „leitenden Angestellten“ müsse unter anderem von der „Ausübung von Entscheidungsbefugnissen in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten“ – insbesondere Personalangelegenheiten – geprägt sein. Davon stehe aber in dem Arbeitsvertrag des Arztes nichts.
Damit müsse die MAV der Kündigung zustimmen. Doch weder eine Zustimmung der MAV noch eine per Kirchengericht ersetzte Zustimmung sei hier erfolgt. Offen ließen die obersten Arbeitsrichter, ob der Arbeitgeber für die Änderung des Chefarztpostens überhaupt hätte kündigen müssen. Laut Arbeitsvertrag seien Veränderungen des Klinikzuschnitts nicht ausgeschlossen. Es komme hier darauf an, ob mit der Zuweisung eines kleineren Zuständigkeitsbereichs die Grenzen des Direktionsrechts überschritten wurden. Dies hatte das BAG im konkreten Verfahren aber nicht zu prüfen.
BAG Az.: 2 AZR 124/14
Quelle: epd sozial Ausgabe 3