Kein Verfall von Urlaub ohne Belehrung

Wann verfällt der Urlaubsanspruch aus dem Vorjahr? Welche Fristen sind zu beachten und welche Pflichten hat der Arbeitgeber gegenüber den Beschäftigten? Viele Fragen, die auch an Mitarbeitervertretungen gerichtet werden.
Letztes Jahr im Februar hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein entscheidendes Urteil (BAG v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16) zum Thema Urlaub verkündet. Bereits die beiden Leitsätze könnten Arbeitnehmerinnen erfreuen. Deshalb zitieren wir sie aus dem Urteil:

Leitsätze

1.
Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub (§§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG) erlischt bei einer mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG konformen Auslegung von § 7 BUrlG nur dann am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 BUrlG), wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. 

2.
Die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BUrlG setzt grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber seinen aus einem richtlinienkonformen Verständnis von § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG resultierenden Mitwirkungsobliegenheiten bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs genügt, indem er den Arbeitnehmer – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilt, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfällt, wenn er ihn nicht beantragt.

Was bedeutet das konkret?

Im TV DN (§ 32 Abs.3) und in der AVR DD (§ 28 Abs.7) sind die zeitlichen Befristungen des Urlaubsanspruches festgelegt. Diese gelten nur noch nach Berücksichtigung der Rechtsprechung (s.o.), wenn die Arbeitgeberin die Arbeitnehmerin zu Beginn des Kalenderjahres in Textform:

  1. darüber unterrichtet, wie viele Urlaubstage der Arbeitnehmerin im Kalenderjahr zustehen,
  2. die Arbeitnehmerin auffordert, Urlaub so rechtzeitig zu beantragen, dass er im Kalenderjahr verbraucht werden kann, und
  3. die Arbeitnehmerin über den möglichen Verfall des Urlaubsanspruchs informiert.

Auch Herr Johns, Geschäftsführer des DDN, hat diese Ausführung in den DDN-Nachrichten 01/2020 so veröffentlicht und den Arbeitgeberinnen einen Mustertext für das Anschreiben an die Arbeitnehmerinnen (entwickelt vom Kommunalen Arbeitgeberverband „KAV“) zur Verfügung gestellt. So haben in diesem Punkt der agmav-Vorstand und der Geschäftsführer des Dienstgeberverbandes eine einheitliche Rechtsauffassung.

Fazit

Der Urlaubsanspruch verfällt nicht mehr zum Ende des Jahres oder nach den weiteren Fristen. Es sei denn, die Arbeitgeberin ist schriftlich ihrer Pflicht zur Information und Transparenz nachgekommen (Mitwirkungsobliegenheit).

Weitere Informationen

Wer noch mehr dazu wissen will: Die Tagesveranstaltung von dia e.V. zum Thema „Urlaub aktuell- Betriebliche Praxis und neueste Rechtsprechung“ wird leider ausfallen. Einen neuen Termin gibt es aber auch schon: es ist der 16.09.2020, Anmeldungen auf dem gewohnten Weg über dia e.V.

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