Mit der Einführung der Einigungsstelle sollte die echte Mitwirkung der MAV erreicht werden. Zuletzt fehlte bzgl. der Einigungsstelle nur noch die Klärung der Vergütung der Vorsitzenden und der Rechtsbeistände. Nun hat der Rechtsauschuss der EKD – wie so oft ohne Rücksprache oder Information der Arbeitnehmerseite – eine Verordnung erlassen, in der die Entschädigung der Mitglieder der Einigungsstelle geregelt ist. Das ist schon formal nicht in Ordnung, da § 55 b Buchst.a MVG.EKD vorsieht, dass die Ständige Konferenz und die Bundeskonferenz der MAVen vor Erlass der Verordnung angehört hätte werden müssen.
Dann sieht diese (unwirksame?) Verordnung eine so geringe Entschädigung vor, dass es fraglich ist, ob sich Vorsitzende und Rechtsanwält*innen finden werden, die zu diesen Konditionen tätig werden. Die Rechtsbeistände erhalten eine Entschädigung in Höhe von 30% der Vergütung der Vorsitzenden, das kann in einem gesamten Verfahren inkl. Vorbesprechung und Verhandlung knapp 170,- € bedeuten. Da die Vergütung der Arbeitgeber-Anwälte sich meist nach einer (verdeckten) Honorarvereinbarung richtet, betrifft diese Regelungen insbesondere die Rechtsbeistände der Mitarbeitervertretungen.
Benachteiligung der Mitarbeitervertretungen
Die Vorsitzenden haben die Möglichkeit, sich zu entscheiden ob sie für diese Entschädigung das Verfahren übernehmen. Aber die Mitarbeitervertretungen können dann ihre Auswahl eines rechtlichen Vertreters nicht mehr nach fachlichen Kriterien und der vertrauensvollen Zusammenarbeit treffen, sondern nach der Bereitschaft für diese Entschädigung tätig zu werden. Fraglich ist, ob die MAV zu diesen Bedingungen überhaupt einen Rechtsbeistand findet. Dieses sind keine gleichen Voraussetzungen für Mitarbeitervertretungen. Könnte sich hier vielleicht eine Benachteiligung für die Interessenvertretungen ergeben?
Der Rat der EKD hat in seiner Begründung zur Verordnung folgendes festgestellt: „Die Kosten des Einigungsstellenverfahrens nach § 36a MVG-EKD liegen durch die Rechtsverordnung signifikant unter den Sätzen der „freien Wirtschaft“. Anderseits kann aber damit gerechnet werden, dass mit den Sätzen der Verordnung geeignete Expertinnen und Experten gefunden werden können.“
Auch der Rat rechnet nur damit, dass es möglich ist Fachleute zu finden, sie beschließen keine Regelungen, die sicher stellen, dass sich geeignete Personen bereit erklären das Einigungsstellenverfahren zu übernehmen.
Fazit
Es hat lange gedauert, und es gab großen Widerstand der Arbeitgeber und der Diakonie, bis die Einigungsstelle im MVG.EKD aufgenommen wurde. Nun gibt es nicht nur eine gesetzliche Regelung, die auch in ihren Formulierungen „unglücklich ist“. „Die Bemerkung sei erlaubt, dass es sich bei § 38 Abs. 4 um eine ausgesprochen unglücklich formulierte Bestimmung handelt und de lege ferenda (nach einem noch zu erlassenen Gesetz) eine bessere Abstimmung zwischen § 38 Abs. 4 Satz 4 und § 38 Abs. 4 Satz 1 sowie § 47 Abs. 3 Satz 1 aus Sicht der Rechtsanwendung durchaus wünschenswert wäre“, so Dr. Stelljes, Arbeitsrichter und Richter am Kirchengericht der Nordkirche in AuK 2020, S.10.
Auch bei der Regelung zur Besetzung der Einigungsstelle, könnte vermutet werden, dass die Gesetzgeber eher dazu geneigt waren Regelungen zu finden, die nicht mitarbeitervertretungsfreundlich sind. Denn die Anzahl der Beisitzer ist auf jeweils 2 festgelegt und wenn die MAV einen Rechtsbeistand zur Unterstützung dabeihaben möchte, muss sie/er Teil der Einigungsstelle werden. Mit der Folge, dass von der MAV nur noch ein/e weitere/r Vertreter*in dabei sein kann. Die Möglichkeit im Hintergrund durch einen juristischen Beistand beraten zu werden hat dann doch nur eine Seite, oder?
Und nun gibt es auch noch eine (rechtlich fragliche) Entschädigungsverordnung, die es fast unmöglich macht, dass die Betriebsparteien einen neutralen Vorsitzenden bzw. die MAVen einen unterstützenden Rechtsbeistand finden.
Die ag-mav fordert den Rat der EKD auf die Entschädigungsverordnung auf Grund des womöglich formalen Fehlers zurückzunehmen.
Die ag-mav fordert die Organe der Gliedkirchen auf, von ihrem Recht in § 5 Abs.7 MVG.EKD-AnwG zu § 36 a Abs. 1 MVG.EKD Gebrauch zu machen und eine eigene Rechtsverordnung zu erlassen, die es den Vorsitzenden und den Rechtsbeiständen ermöglicht, wie in der „freien Wirtschaft“ die Vergütungsvereinbarung gemeinsam festzulegen. Das wäre ein Zeichen für eine positive und gewollte Einstellung zu dem Einigungsstellenverfahren. Und dann könnte die oben aufgeworfene Frage: „Ist die Einigungsstelle gewollt?“ schon mal mit einem zarten Ja beantwortet werden.