In der Harz-Weser-Werke gGmbH im Süden Niedersachsens schwelt schon seit längerem ein Konflikt zwischen Geschäftsführer Ditmar Hartmann und der Mitarbeitervertretung, welcher nun zum Großbrand ausgebrochen ist. Die von Herrn Hartmann vollzogenen Maßnahmen sind mittlerweile nicht mehr nur eine Attacke auf die MAV und ihren ehemaligen Vorsitzenden Christos Gouvelis, sondern vielmehr der grundsätzliche Angriff auf die innerbetriebliche Mitbestimmung.
Alle Maßnahmen, die durch die Geschäftsführung der HWW ergriffen wurden, zielen darauf ab, die Arbeit der Mitarbeitervertretung zu be- oder sogar zu verhindern und engagierte Mitarbeitervertreter aus dem Amt und aus dem Betrieb zu entfernen.
Chronologie einer Eskalation
Die Eskalation des Konfliktes wird durch die Geschäftsführung der HWW nun seit Oktober 2020 vorangetrieben. Zu diesem Zeitpunkt sprach die Geschäftsführung dem damaligen MAV-Vorsitzenden Christos Gouvelis die fristlose Kündigung aus und verwies ihn des Betriebes. Dies geschah, obwohl das Mitbestimmungsverfahren zur Kündigung mitnichten abgeschlossen war. Man befand sich, nach einer Erörterung, die durch die Geschäftsführung noch im Erörterungstermin selbst für beendet erklärt wurde, noch innerhalb der Reaktionsfrist für die MAV. Dennoch hat die Geschäftsführung die Kündigung ohne die Zustimmung der MAV und ohne einen zustimmungsersetzenden Spruch des Kirchengerichtes vollzogen.
Von Seiten der Mitarbeitervertretung, die allein durch die Kündigung ihres Vorsitzenden schon massiv unter Druck gesetzt war, wurden daraufhin Kirchengerichtsverfahren wegen Behinderung der MAV-Arbeit und Missachtung ihrer Mitbestimmungsrechte eingeleitet und zum Teil auch schon gewonnen. Ihr ehemaliger Vorsitzender Christos Gouvelis erhob selbstverständlich Kündigungsschutzklage.
Versuch der Einflussnahme auf die MAV-Wahl
Nach aktueller Rechtsprechung darf eine Geschäftsführung durch die Kündigung eines MAV-Mitgliedes jedoch nicht die Teilnahme an der MAV-Wahl verhindern, weshalb Christos Gouvelis richtigerweise bei der stattgefundenen MAV-Wahl weiterhin auf der Liste der wählbaren Mitarbeiter*innen stand. Dies nahm die Geschäftsführung um Ditmar Hartmann zum Anlass, kurz vor Beginn der Wahlhandlung eine Mitteilung in den Betrieb zu senden und alle Mitarbeiter*innen von den Vorwürfen gegen Christos Gouvelis zu informieren. Ebenso sah sich die Geschäftsführung genötigt, darzustellen, dass Herr Gouvelis ihrer Meinung nach nicht berechtigt wäre, an der Wahl teilzunehmen. Allein dieses Rundschreiben ist ein massiver Eingriff in die Wahlhandlung zum Nachteil von Christos Gouvelis. Ein solcher Eingriff ist in jedem Fall völlig unverhältnismäßig und steht keiner Geschäftsführung zu. Die Mitarbeitervertretung hat daraufhin umgehend mit einem klarstellenden Rundschreiben geantwortet und auch die Gewerkschaft ver.di hat sich mit einem Informationsschreiben an die eigenen Mitglieder mit Christos Gouvelis solidarisiert.
Im Rahmen der Wahl wurde Christos Gouvelis mit überwältigender Mehrheit wieder in die Mitarbeitervertretung gewählt. Er hat von allen Kandidaten die meisten Stimmen erhalten, wird aber durch die ausgesprochene Kündigung und das laufende Verfahren aktuell an der Ausübung seines Amtes gehindert.
Geschäftsführer möchte Christos Gouvelis rouinieren
Als wären all diese Vorgänge nicht für sich schon skandalös und einer diakonischen Einrichtung unwürdig genug, so ging die Geschäftsführung um Ditmar Hartmann vor Ostern noch einen absurden Schritt weiter! Mit Schreiben vom 01. April – und es ist leider kein fehlgeleiteter Aprilscherz – erhielt Christos Gouvelis die Mitteilung, dass die Geschäftsleitung der Harz-Weser-Werke gGmbH von ihm angeblich überhöhte Gehaltszahlungen in Höhe von 208.924,29€ zurückfordert. Für die Rückzahlung hätte er bis zum 16.04. Zeit. Die Geschäftsleitung berücksichtigte bei der Rückforderung tatsächlich Gehaltsbestandteile bis zurück zur Wahl als Vorsitzender der Mitarbeitervertretung in 2005. Sie versuchen nun also einvernehmlich gezahltes Gehalt von vor 16 Jahren rückwirkend zurückzubekommen! Die Höhe der Forderungen ist so absurd, dass klar ist: hier soll Christos Gouvelis nicht nur aus dem Betrieb entfernt werden. Man möchte viel mehr ihn und seine Familie in den finanziellen Ruin treiben und eine ganze Existenz zerstören.
Mitarbeitervertretungs-Wahl angefochten
Dass sich der Feldzug von Herrn Hartmann nicht allein gegen Christos Gouvelis als Person richtet, wird nun im Nachgang der MAV-Wahl deutlich. Die Geschäftsführung der Harz-Weser-Werke gGmbH hat nämlich die MAV-Wahl, in der Gouvelis mit großer Mehrheit gewählt wurde, angefochten und führt gleich mehrere angebliche Ungereimtheiten in der Durchführung der MAV-Wahl ins Feld. Damit wird nun das Kirchengericht zu entscheiden haben, ob die durchgeführte MAV-Wahl weiterhin Bestand hat. Sollte die Geschäftsführung mit diesem Angriff auf die kommende Mitarbeitervertretung erfolgreich sein, so müsste die Wahl wiederholt werden und es entstünde zumindest in der Übergangszeit eine Phase, in der die Mitbestimmung in den Harz-Weser-Werken lahmgelegt wäre. Damit hätte Herr Hartmann wohl insgeheim eines seiner Ziele erreicht: die Mitbestimmung in den Harz-Weser-Werken zu zerschlagen und die Mitarbeitervertretungsarbeit aktiv zu verhindern.
Bedeutung auch über die Harz-Weser-Werke gGmbH hinaus
Dass dieses Verhalten in keiner Weise mit den gelebten Werten einer diakonischen Einrichtung unter dem Dach der evangelischen Kirche zu einen ist, sollte mehr als deutlich geworden sein. Die aktuelle Situation in den Harz-Weser-Werken entspricht seit längerem absolut nicht mehr der „vertrauensvollen Zusammenarbeit“, wie sie in der Präambel des MVG-EKD eigentlich im Verhältnis von Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung zwingend vorgeschrieben ist. Im Gegenteil! Ditmar Hartmann fährt als Geschäftsführer nun die harte Schiene und selbst in den privatwirtschaftlichen Betrieben sucht diese Kampagne gegen die innerbetriebliche Mitbestimmung ihresgleichen. Es ist ein beispielloser Akt gelebter Ausgrenzung und Drangsalierung. Statt Mitbestimmung nur Ignoranz. Statt vertrauensvoller Zusammenarbeit nur unter Druck setzen und missachten. Die übergeordneten Arbeitgeberverbände wären unserer Ansicht nach gut beraten, Herrn Hartmann einmal an die Grundsätze der Diakonie – nämlich den Dienst am Nächsten – zu erinnern und ihn wieder auf den rechten Weg zu führen. Andernfalls dürfte dieser Konflikt bald auch überregional bekannt sein, und nachhaltig dem Ansehen der Diakonie und damit letztendlich allen diakonischen Betrieben schaden. Auch der Verwaltungsrat der Harz-Weser-Werke gGmbH sollte die Vorgänge mit Argusaugen beobachten, nicht zuletzt, da vergleichbare Eskalationen bisher mit hohen Gerichtskosten und einem hohen Einsatz an Personal und Zeit zu Buche schlugen. Diese Finanzmittel könnten unserer Ansicht nach wesentlich sinnvoller, als in einem Feldzug gegen die eigenen Mitarbeiter, eingesetzt werden.
Aktionen nötig – von allen Seiten!
Wir unterstützen voll und ganz den von ver.di gestarteten Aufruf zu Solidaritätsbekundungen mit Christos Gouvelis und der MAV der Harz-Weser-Werke gGmbH. Eine entsprechende Vorlage kann >>> hier heruntergeladen werden. Das Schreiben sollte an die Geschäftsführung der Harz-Weser-Werke und in Kopie auch an die Mitarbeitervertretung und die Gewerkschaft ver.di verschickt werden. Die entsprechenden Empfängeradressen erhaltet ihr auf Anfrage von euren zuständigen Gewerkschaftssekretären oder auch von der agmav.
Wir werden die Vorgänge in den Harz-Weser-Werken auf jeden Fall weiterhin sehr genau beobachten und die Mitarbeitervertretung bei der Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben nach Kräften unterstützen.