bpa kritisiert Tariftreueregelung

Mit einer Pressemeldung vom 20.05. und einem Gastbeitrag im Evangelischen Pressedienst (epd) haben sich unterschiedliche Vertreter des Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) zur kommenden Tariftreueregelung geäußert und den geplanten Start zum 01. September massiv kritisiert.

bpa sieht Pflegekräfte und Pflegeeinrichtungen ins Chaos gestürzt

Der Hauptteil der Kritik des bpa richtet sich gegen die Bundesregierung und die nun nochmal vollzogenen Änderungen des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG). Der bpa hätte gerne einen Aufschub oder eine längere Übergangsphase, für die Anpassung an tarifliche Lohnstrukturen.

Das Chaos ist so groß, dass das noch frische Gesetz mit umfassenden Änderungsanträgen nachgebessert werden muss. Ausbaden sollen diese handwerklichen Fehler und Verzögerungen die Pflegeeinrichtungen, die das Gesetz trotzdem umsetzen sollen und eine derart weitreichende Entscheidung über die zukünftige Entlohnungsgestaltung unter Zeitdruck und im Blindflug treffen müssen. Das ist ein inakzeptables Vorgehen, das rechtlich zu überprüfen ist.

Bernd Meurer, Präsident des bpa in der Pressemitteilung vom 20.05.2022

Der bpa sieht sich hier durch den Gesetzgeber unfair behandelt und kündigt an, nun gerichtlich gegen die Tariftreueregelung vorgehen zu wollen.

Mit dem Änderungsverfahren zur Tariftreueregelung hatte der Bundestag die Chance, diese weitreichende Neuorganisation der Gehaltstrukturen in der Pflege gemeinsam mit den Einrichtungen und in einem fairen Ablauf vorzunehmen. Es hätte dabei eigentlich eine Selbstverständlichkeit fairer Gesetzgebung sein müssen, erst die Grundlagen zu schaffen und dann den Einrichtungen genügend Zeit für die Umsetzung zu geben. Die Abgeordneten haben sich anders entschieden – nun wird die Tariftreueregelung die Gerichte beschäftigen.

Bernd Tews und Norbert Grote, Geschäftsführer bpa in einem Gastbeitrag im epd sozial vom 27.05.2022

Opferrolle für den bpa – ist das gerechtfertigt?

Mit den aktuellen Äußerungen definiert der bpa sich und seine Mitglieder eindeutig als Opfer einer – aus ihrer Sicht – unfairen Gesetzgebung. Aber, ist dem wirklich so?

Im bpa sind eigenen Angaben zufolge 13.000 aktive Mitgliedseinrichtungen der privaten Pflegeanbieter organisiert. Er beansprucht damit die Position als „größte Interessenvertretung privater Anbieter sozialer Dienstleistungen in Deutschland“ (Quelle: bpa-Homepage). Darin liegt auch der Grund für die Verstimmung des bpa und seiner Mitglieder, denn es sind insbesondere die privaten Anbieter, die sich bisher mit allen erdenklichen Tricks und juristischen Mitteln gegen eine tarifliche Bezahlung von Pflegekräften in der ambulanten und (teil-)stationären Langzeitpflege wenden. Nun hat der Gesetzgeber diesem Treiben ein Ende gesetzt und ein ganz klares Datum dafür definiert: den 01. September 2022.

Das wiederum schmeckt dem bpa nicht, denn – wie in den Mitteilungen deutlich wird – fehlen dem bpa verbindliche Angaben darüber, wie hoch die Entlohnung in Zukunft sein muss. Für sich betrachtet, erscheint dieser Kritikpunkt durchaus stichhaltig – jedenfalls, wenn der bpa weiterhin keine Tarifverträge auf branchenüblichem Niveau abschließen möchte. Denn dann müssten die privaten Betreiber eine vergleichbare Vergütung bezahlen, deren Höhe sie derzeit nicht kennen.

Aus dieser „Problematik“ ergibt sich aber auch gleichzeitig der Lösungsweg für den bpa: Tarifverträge! Dieser Lösungsweg hätte schon lange beschritten werden können. Und hätte der bpa dies in der Vergangenheit konsequent getan, wäre eine Tariftreueregelung in seinem Bereich wahrscheinlich gar nicht notwendig gewesen. Hätte der bpa also bei Bekanntwerden des Gesetzesvorhabens Verhandlungen über einen Tarifvertrag für seine Mitglieder aufgenommen, hätte er die nun auftretenden Probleme einheitlich für alle seine Mitglieder vom Tisch wischen können.

Dies wurde jedoch unterlassen – und die Konsequenzen müssen nun bpa und Mitgliedseinrichtungen ausbaden. Die Pflegekräfte jedenfalls, haben sich ihre tarifgerechte Entlohnung schon lange mehr als verdient.