Die Bertelsmann Stiftung hat Anfang Dezember das „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ veröffentlicht und weist auf einen Rückgang der Fachkraftquote in den Kindertagesstätten hin. Gegenüber 2017 hat sich die Quote deutlich verschlechtert.
Erhobene Kennzahl: mehr als 80% Fachkraftquote in den Teams
Noch 2017 waren bundesweit in 41% der Kindertagesstätten mindestens 8 von 10 pädagogisch Tätige mit einer Fachkraftausbildung ausgestattet. In 2023 traf dies nur noch auf 32% der Teams zu. Dieser Rückgang lässt sich in 13 von 16 Bundesländern beobachten. Besonders starke Rückgänge sind in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen zu verzeichnen.
Anette Stein, Expertin der Bertelsmann Stiftung für frühkindliche Bildung, sieht hier eine gefährliche Entwicklung:
„Grundsätzlich ist es gut, wenn die Kitas neue und vor allem motivierte Mitarbeitende gewinnen. Aber für die anspruchsvolle Arbeit mit den Kindern benötigen sie eine ausreichende pädagogische Qualifikation. Aufgrund des Platz- und Personalmangels mag es in einer Notsituation vertretbar sein, die Anforderungen vorübergehend zu senken, um die Schließung einer Kita abzuwenden. Das darf aber nicht zu einem dauerhaften Absenken der Fachkraft-Quote führen – doch genau diese Tendenz sehen wir momentan in mehreren Bundesländern.“
Dabei sind die regionalen Unterschiede teilweise extrem hoch. So kommen hohe Fachkraftquoten von 82,5% und mehr in den ostdeutschen Bundesländern unterschiedlich ausgeprägt vor. In Berlin ist dies in 35% der Kitas der Fall, in Thüringen in 89%. In den westdeutschen Bundesländern reicht die Spanne von 3% in Bayern bis 36% in Hessen. Die beste westliche Quote liegt also nur knapp über der schlechtesten östlichen Quote. Die Herausforderung ist damit für westliche Bundesländer deutlich höher.
Qualitätsmangel bei niedriger Quote entgegenwirken
Nicht überraschen dürfte, dass verschiedene Studien einen Zusammenhang zwischen der pädagogischen Fachkraftquote und der Qualität der pädagogischen Arbeit herausfanden. Ein weiterer Effekt ist, dass pädagogisch nicht ausreichend qualifizierte Arbeitnehmer:innen insbesondere in der Einarbeitungsphase eine hohe Aufmerksamkeit und Begleitung von Fachkräften erfordert, welche natürlich auch zu Lasten der pädagogischen Arbeit geht.
Es gilt also, nicht nur die verbleibenden Fachkräfte zu halten. Es müssen gleichzeitig auch neue Fachkräfte gewonnen und Assistenzkräfte weiterqualifiziert werden. Nur so lässt sich die Belastung für die verbleibenden Fachkräfte reduzieren und damit der Verbleib im Beruf fördern. Ist die Abwanderungsspirale erst einmal in Gang gesetzt, wirkt sich dies schnell auf die Belastung verbleibender Fachkräfte aus, welche dann ihrerseits stärkere Abwanderungsgedanken haben. Letztlich betrifft diese Thematik nicht nur Kita-Arbeitnehmer:innen, sondern auch Arbeitnehmer:innen mit Kindern aller Branchen, die für eine umfangreiche Berufstätigkeit auf eine verlässliche Kinderbetreuung angewiesen sind.
Sollte der Fachpersonalmangel sich weiter wie bisher entwickeln, ist er nicht nur ein kurzfristiges Problem. Mittelfristig schlägt eine geringere Betreuungsquote auch auf andere Arbeitsbranchen durch. Und am Ende ist die langfristige Folge die fehlende pädagogische Arbeit. Mit weniger frühkindlicher Bildung kommt über lange Zeit auch ein Problem auf die Schulen und die Gesellschaft als Ganzes. Hier hat die Mitarbeitervertretung die Chance, als „Speerspitze“ die Belastung der Arbeitnehmer:innen in den Blick zu nehmen, die Arbeitsbedingungen aktiv mit zu gestalten und größeren Schaden abzuwenden. Ohne die nötige politische Unterstützung, auch in finanzieller Form, wird dies jedoch eine Mammutaufgabe.