Nach Angabe des Diakonischen Werks in Niedersachsen versorgen rund 150 diakonische ambulante Pflegedienste in Niedersachsen Patienten in privaten Haushalten. Sie seien für die Versorgung im Flächenland unverzichtbar, stießen aber zunehmend an Grenzen. Vor allem die nicht kostendeckend refinanzierten Wegezeiten stellten, laut Hans-Joachim Lenke, Vorstandssprecher des Diakonischen Werks in Niedersachsen, eine finanzielle Belastung dar. Pflegedienste bräuchten dringend eine „bedarfsgerechte Refinanzierung“.
Eine „Rennpflege“ im ambulanten Pflegedienst gilt es zu vermeiden
Um sich ein Bild vom Alltag in der ambulanten Altenpflege zu verschaffen, besuchten Herr Lenke und der niedersächsische Sozial- und Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi im Sommer 2025 gemeinsam die Diakovere Pflegedienste. Das ambulante Angebot ermöglicht es Pflegebedürftigen länger selbstbestimmt in der eigenen Häuslichkeit zu verbleiben. Die ambulanten Dienste sind damit ein zentraler Bestandteil für ein würdevolles Leben und Entlasten zugleich die stationären Pflegeeinrichtungen.
Ein aktuelles Positionspapier der Diakonie in Niedersachsen zeigt weitere strukturelle Probleme auf. Demnach werden Behandlungspflegeleistungen zu knapp bemessen, was zu einer sogenannten „Rennpflege“ führe – Pflegende müssten in immer kürzerer Zeit komplexe Tätigkeiten abarbeiten. Gefordert wird deshalb eine zeitabhängige Vergütung, die den tatsächlichen Leistungsaufwand beim Patienten berücksichtigt.
Häusliche Pflege >> „Rennpflege“ vermeiden
Die Krise – Schließungen von Pflegediensten sind allgegenwärtig
Immer weniger Personal muss immer mehr Patienten in immer kürzerer Zeit versorgen. Die prekäre Personalsituation ist eine von mehreren Ursachen für Einschränkungen als auch Schließungen von Pflegediensten. Schließungen werden insgesamt durch eine Kombination aus steigenden Kosten, strengeren Vorgaben, fehlenden Nachfolgeregelungen und einem Mangel an Fachkräften verursacht.
Laut einer Recherche vom Pflegemarkt.com, auf Basis von Daten der Krankenkassen, wurden im Jahr 2025, bis zum jetzigen Zeitpunkt, deutschlandweit 270 Pflegedienste geschlossen. Die Anzahl an Schließungen ambulanter Pflegedienste übersteig bei weitem die Zahl der Schließungen von stationären Pflegeheimen, diese liegt bei 38 Einrichtungen.
Pflegemarkt.com >> Schließungen in der Pflege 2025
Besonders im ländlichen Raum können Schließungen von Pflegediensten umfangreiche Folgen mit sich bringen. Die ambulante Versorgung kann in einigen Landstrichen gänzlich nicht mehr sichergestellt werden.
Ein Beispiel ist die angekündigte Schließung zum 30. November 2025 der Diakoniestation der ostfriesischen Insel Juist. Grund ist der eklatante Personalmangel. Nach Aussage der Diakoniestation gelang es nicht Pflegefachkräfte für ein Leben und Arbeiten auf einer kleinen Insel zu gewinnen. Derzeit wird nach Alternativen und Lösungen gesucht, damit die rund 16 bis 19 Pflegebedürftigen auf der Insel bleiben können und nicht im Alter auf das Festland ziehen müssen. Bis diese Lösung gefunden werde bleibt die Situation für die Inselbewohner angespannt und Angehörige sorgen sich, dass ältere Menschen nach einem Leben auf Juist ihre Heimat verlassen müssen – ein unvorstellbares Szenario.
Der Fall Juist verdeutlicht, wie verletzlich die Pflegeversorgung in strukturschwachen Regionen ist und das ein dringender Handlungsbedarf besteht.