Spahns Pflegereform unter Beschuss

Die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn um vom Regierungskabinett beschlossenen Pläne zur Pflegereform stehen derzeit unter großem öffentlichen Druck. Gewerkschaften, Krankenkassen, die Stiftung Patientenschutz und Arbeitgeberverbände kritisieren den Entwurf als unzureichend.

Arbeitgeber lehnen Tarifbindung ab – aus ihnen ganz eigenen Gründen

Wenig überraschend ist, dass Arbeitgeberverbände die vorgesehene und erzwungene Tarifbindung strikt ablehnen. So wird Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes der privaten Anbieter sozialer Dienste (bpa) in der FAZ zitiert: „Versorgungsverträge an eine tarifliche Entlohnung zu koppeln, ohne betriebliches Risiko und unternehmerisches Wagnis angemessen zu berücksichtigen, schnürt den Unternehmen die Luft ab“. Was er damit eigentlich sagen will, ist wahrscheinlich, dass seine Unternehmen bei Tarifbindung ihre eigenen Profitziele nicht mehr erreichen können.

Stiftung Patientenschutz befürchtet Belastung der Pflegebedürftigen

Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, befürchtet durch die dadurch insgesamt steigenden Kosten vor allem eine Überlastung der Pflegebedürftigen. Sollten die Eigenanteile weiterhin im selben Maße ansteigen, wie in den letzten zwei Jahren, dann könnte der im ersten Jahr geplante 5%ige Zuschuss zum Eigenanteil alleine von den Erhöhungen praktisch aufgesogen werden. Die Pflegebedürftigen hätten nach Brysch mit bis zu 260€ Mehrbelastung pro Monat zu rechnen. Auch im zweiten Jahr, in dem der Bonus auf 25% ansteigt, wären immernoch 100€ mehr an Eigenanteil zu leisten. Die versprochene Entlastung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen wäre damit vorerst nicht in Sicht.

ver.di kritisiert die Anerkennung von Gefälligkeitstarifverträgen

Auch unsere Gewerkschaft ver.di kritisiert die Pflegereform. In der jüngsten Pressemitteilung geht es dabei hauptsächlich um den fehlenden Schutz vor Gefälligkeitstarifverträgen, die zwischen kleinen und sehr arbeitgebernahen „Pseudogewerkschaften“ und den privaten Arbeitgebern abgeschlossen werden könnten. Dabei wollen die Arbeitgeber in diesem Fall natürlich weiterhin keine fairen Löhne zahlen und umgehen damit letztendlich die Ziele der Pflegereform.

Ein weiterer Kritikpunkt der Gewerkschaft ist die späte Evaluierung der Wirkung des Gesetzes. Diese ist erst für 2025 geplant. Es dürfte mindestens zu bezweifeln sein, dass Pflegekräfte sich noch weitere Jahre den schlechten Arbeitsbedingungen und Entlohnungen unterwerfen wollen. Sollte die Evaluierung im Jahr 2025 eine inadäquate Wirkung ergeben, würde für eine Änderung oder Neufassung noch einmal viel Beratungszeit ins Land gehen. Zeit, die Pflegekräfte nicht haben und die sie auch nicht bereit sind zu warten. Wirksame und umfangreiche Verbesserungen müssen jetzt beschlossen und so zeitnah wie möglich umgesetzt werden. Andernfalls ist der Kollaps der Pflegebranche kaum noch aufzuhalten.

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