In einem neuen Gutachten, welches von mehreren bundesweiten Verbänden privater und freigemeinnütziger Krankenhausträger in Auftrag gegeben wurde, wird die aktuelle Krankenhausfinanzierung kritisiert. Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf stellt in ihrem Gutachten dabei fest, dass die aktuelle Form der Krankenhausfinanzierung sowohl gegen das EU-Beihilferecht verstößt, als auch die gesetzlich vorgeschrieben Trägervielfalt missachtet.
Vergütung der Krankenhäuser allgemein nicht ausreichend
Dem Gutachten zufolge ist die Krankenhausfinanzierung, die im wesentlichen aus zwei Säulen besteht, derzeit nicht ausreichend um die entstehenden Betriebskosten zu decken. Die erste Säule der Finanzierung besteht aus den DRG-Fallpauschalen, die durch die Krankenkassen für behandelte Fälle bezahlt werden. Die zweite Säule sind die von den Ländern zu finanzierenden Investitionskosten für die im Krankenhausplan geführten Krankenhäuser.
„Die Vergütung der Krankenhäuser durch die Sozialleistungsträger ist unzureichend. Die Fallpauschalen des DRG-Systems bleiben hinter dem zur Betriebskostenfinanzierung erforderlichen Maß zurück, weil die anhaltenden Preissteigerungen in den Landesbasisfallwerten nicht ausreichend berücksichtigt sind.“
„Die Länder kommen ihrer gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Übernahme der notwendigen Investitionskosten der Plankrankenhäuser seit vielen Jahren ungenügend nach.“
Damit stellt das Gutachten fest, was eigentlich allen Beteiligten der Krankenhäuser schon seit langem klar ist: die zur Verfügung gestellten Finanzmittel reichen weder für Investitionen, noch für den laufenden Betrieb von Krankenhäusern aus.
Subventionspolitik für staatliche Krankenhäuser ist rechtswidrig
Aktuell gewähren Länder und Kommunen ihren staatlichen Krankenhäusern umfangreiche „Subventionsprogramme“ in Form von Defizitausgleichen, vergünstigten Krediten, Investitions- und Betriebskostenzuschüssen, Liquiditätshilfen oder auch kostenfreien Bürgschaften. Diese Hilfen werden privaten und freigemeinnützigen Trägern bisher nicht zuteil. Diese Praxis ist aus Sicht der Gutachterin rechtswidrig und verstößt gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes und das EU-Beihilferecht.
„Der selektive Defizitausgleich eines Landes nur für staatliche Krankenhäuser verstößt gegen das gesetzliche (§ 1 Abs. 2 S. 1 und 2 KHG) und verfassungsrechtliche (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) Gebot der Gleichbehandlung der Plankrankenhäuser (Prinzip der Trägervielfalt). Er ist deshalb rechts- und verfassungswidrig.“
„Ein selektiver Defizitausgleich von Kommunen nur für eigene (kommunale) Krankenhäuser verstößt gegen das landesgesetzliche Prinzip der Trägervielfalt und das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG und ist somit unzulässig.“
„Auf eigene Krankenhäuser beschränkte Ausgleichsleistungen von Kommunen oder Ländern sind eine unzulässige Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV und deshalb unvereinbar mit dem EU-Beihilferecht.“
Diese drei Zitate aus dem Abstract des Gutachtens zeigen auf, dass die aktuell gelebte Praxis nicht rechtskonform ist. In der weiteren Betrachtung stellt das Gutachten heraus, dass Beihilfeleistungen an Krankenhäuser durchaus rechtskonform sind. Sie müssen dann aber allen Plankrankenhäusern zugute kommen. Die Alternative wäre die gänzliche Einstellung der Beihilfen und die Rückabwicklung bereits geleisteter Zahlungen und Beihilfen an staatliche Krankenhäuser. Von diesen beiden Varianten erscheint nur die erste wirklich umsetzbar, schließlich würde die Rückabwicklung bereits geleisteter Zahlungen die staatlichen Krankenhäuser vielerorts in schwere finanzielle Probleme bringen und damit die Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen flächendeckend gefährden.
Das Gutachten ist unter diesem Link auf der
Homepage des Bundesverbandes deutscher Privatkliniken einsehbar.
Auswirkungen auf die Praxis
In der Bundespressekonferenz, in der dieses Gutachten vorgestellt wurde, kam schnell die Frage nach der praktischen Relevanz auf. Rollt nun eine Klagewelle der privaten und freigemeinnützigen Krankenhäuser an? Davon ist erstmal nicht auszugehen. Uns sind zwar erste Kliniken bekannt, die mit Kenntnis dieses Gutachtens an die Politik herangetreten sind, eine große Klagebereitschaft nehmen wir aktuell allerdings nicht wahr. Auch die Politik möchte erstmal die eigene juristische Bewertung abwarten. Es bleibt also abzuwarten, ob die gefühlte und durch das Gutachten verbriefte jahrelange Benachteiligung privater und freigemeinnütziger Träger von Krankenhäusern in Zukunft abgestellt wird. Sollte dies nicht der Fall sein, wird die Trägervielfalt durch die kalte Strukturbereinigung vor der Krankenhausreform zwangsläufig zurückgehen.