Seit Januar 2024 gilt das neue „Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes“. Das Gesetz soll mehr Menschen mit Behinderung in den regulären Arbeitsmarkt bringen.
Zeitgleich mit der Einführung des Gesetzes wird die Ausgleichabgabe für Unternehmen, welche die vorgeschriebene Anzahl an Beschäftigten mit Behinderung unterschreiten, auf 720 Euro pro Monat erhöht. Die vorhandene Bußgeldvorschrift beim Verstoß gegen die Beschäftigungspflicht wurde im Gegenzug zur Abgabeerhöhung gestrichen. Zu bedenken gibt, dass die Zahlung der erhöhten Abgabe erst ab März 2025 greift, die Sanktionsmöglichkeiten gegen die Unternehmen hingegen seit Jahresbeginn entfallen.
Ob das Gesetz tatsächlich mehr Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt bringt, ist bei dieser Art der Umsetzung fraglich. Kritik kommt von den Sozialverbänden.
„Der Wegfall der Bußgeldvorschrift steht im Widerspruch zum Gesetz, denn die Zahlung der Ausgleichsabgabe hebt die Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen ausdrücklich nicht auf“ sagte VdK Präsidentin Verena Bentele.
Ebenfalls die Bundesvorsitzende des Sozialverband Deutschland SoVD äußerte, “Der Wegfall der Bußgeldpflicht ist ein Fehler, damit fehlt eine Sanktionsmöglichkeit für Arbeitgeber, die ihre Beschäftigungspflicht nicht erfüllen. Jede Regelung, die bei Nichteinhaltung nicht sanktioniert wird, ist wirkungslos.“
Es besteht eine Beschäftigungs- aber keine Einladungspflicht
Rund ein Drittel aller verpflichtenden Unternehmen beschäftigen keine oder nicht ausreichend Menschen mit Behinderung. Die Beschäftigungspflicht besteht für Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigen und für Unternehmen mit weniger als 40 Beschäftigten ist eine geringe Ausgleichabgabe vorgesehen.
Als widersprüchlich angesehen werden kann auch, dass zwar eine Beschäftigungspflicht besteht, aber eine Einladungspflicht für Bewerber mit Behinderung nur für Unternehmen gilt, die staatliche Aufgaben wahrnehmen.
Auch für kirchliche Arbeitgeber besteht keine Einladungspflicht, wie einem Urteil des Bundeserfassungsgericht (BAG) vom 25. Januar 2024 zu entnehmen ist. Ein schwerbehinderter Bewerber wurde nicht zum Bewerbungsgespräch geladen und hatte wegen Diskriminierung Klage eingereicht. Das oberste Bundesgericht urteilte, dass die kirchlichen Arbeitgeber nicht als „öffentliche Arbeitgeber“ anzusehen sind und dem verfassungsrechtlichen Selbstbestimmungsrecht der Kirchen unterliegen. Die Sonderstellung der Kirche wurde dadurch deutlich gemacht.
Die Umsetzung gestaltet sich schwierig
Auf der einen Seite sollen Menschen mit Behinderung besser in den Arbeitsmarkt integriert werden, auf der anderen Seite müssen aber auch ausreichende Voraussetzungen geschaffen werden, um dieses positive Vorhaben umsetzten zu können.
Einrichtungen welche Menschen mit Behinderung beraten, betreuen und unterstützen, um auch ihnen den Schritt in den Arbeitsmarkt ermöglichen zu können, stehen derzeit selbst vor vielen Problemen. An oberster Stelle steht die Personalnot und die dauerhafte Überlastung der vorhandenen Beschäftigten. Hinzukommt eine unzukömmliche Finanzierung zur Teilhabe und Inklusion. Die Einschränkung von Hilfeangeboten ist die Folge und eine Umsetzung der angestrebten gesetzlichen Veränderungen nur schwer möglich.
Auf der ver.di Fachtagung der Behindertenhilfe im Januar wurde ausgiebig darüber diskutiert. Sarah Bormann von der ver.di Bundesverwaltung bekräftigte,“ Mit dem Bundesteilhabegesetz werden zwar neue fachliche Anforderungen geschaffen, die jedoch kostenneutral bewältigt werden sollen. Das geht nicht. Wer Inklusion will, muss die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen und das nötige Geld zur Verfügung stellen.“