Auch wenn der Gesetzesentwurf des Bundesgesundheitsministeriums zur Pflegereform derzeit noch nicht öffentlich einsehbar ist, deutet alles darauf hin, dass der vorgelegte Entwurf weit hinter den allgemeinen Erwartungen zurück bleibt.
Dies machen mehrere Pressemitteilungen deutlich, die im Laufe der Woche veröffentlicht wurden.
ASB betont Rückschritt bei teilstationärer Pflege
So kritisiert der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) den vorliegenden Entwurf in einer >> Pressemitteilung als „unzureichend“ und äußert, der Entwurf bliebe „weit hinter dem zurück, was im letzten Jahr angekündigt wurde.“ Besonders hervorgehoben wird in der ASB-Pressemitteilung die Kürzung von Leistungen der Tagespflege, wenn diese mit ambulanten Leistungen gemeinsam erbracht werden. „Dies ist ein Rückschritt in die 1990er Jahre“, wird Dr. Uwe Martin Fichtmüller (Hauptgeschäftsführer des ASB) zitiert.
ver.di: „Damit dreht man sich im Kreis“
Auch der Gewerkschaft ver.di liegt der Entwurf schon vor. Sie hat sich ebenso mit einer >> Pressemeldung zum Gesetzesentwurf geäußert und hebt besonders die Regelungen zu verbindlichen Tariflöhnen hervor. Hier sieht der Entwurf wohl vor, dass in Regionen in denen keine Tariflöhne als Vergleich herangezogen werden können, die ortsübliche Entlohnung herangezogen werden könne. „Damit dreht man sich im Kreis, weil vielerorts die Löhne aktuell ja nur auf dem unzulänglichen Niveau des Pflegemindestlohnes liegen“, wird Sylvia Bühler (ver.di Bundesvorstand) zitiert. Zudem seien über dem Pflegemindestlohn liegende kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gefährdet, da bei diesen in Zukunft geprüft werden solle, ob sie eine nach ortsüblichen Maßstäben wirtschaftliche Entlohnungsstruktur vorsehen.
Caritas-Präsident mit erstaunlichem Statement
Zu guter Letzt hat sich auch der Deutsche Caritasverband zum vorliegenden Entwurf >> geäußert. Mit Erstaunen haben wir dabei festgestellt, dass Caritas-Präsident Peter Neher wohl die Ablehnung des Flächentarifvertrages Altenpflege nicht entsprechend wahrgenommen zu haben scheint. So wird er unter anderem mit folgendem Statement zitiert: „Wir erwarten eine Tarifbindung, die diesen Namen verdient – sprich: Wer keine Tarifbindung vorweisen kann, darf nicht am Markt agieren“. Diese Äußerung verkennt völlig, dass es die ARK der Caritas war, die erst kürzlich einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag in der Altenpflege blockiert hatte (>> wir berichteten). Weiter äußert Neher: „Die Tarifbindung muss ohne Wenn und Aber gelten“.
Es ist bedauerlich, dass die Caritas nun das Weiterbestehen der Lohnunterschiede zwischen privaten und tarifgebundenen Trägern beklagt, aber nur wenige Wochen zuvor verhinderte, dass die privaten Betreiber zur Anwendung eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrages verpflichtet werden konnten.
Keine Verbesserungen
Angesichts der offensichtlichen strukturellen Probleme, die der Gesetzesentwurf zur Pflegereform enthält, befürchten wir weiterhin keine wirklichen Verbesserungen der Entlohnung und Arbeitsbedingungen in der Praxis. Bei der Ablehnung des Flächentarifvertrags Altenpflege hatten die Arbeitgeberseiten der Kirchen noch auf die kommende Pflegereform hingewiesen und all ihre Hoffnungen in die Reformpläne des Bundesgesundheitsministers gesetzt. Diese Hoffnungen scheinen nun enttäuscht zu werden. Vor diesem Hintergrund wäre es sicher hilfreich, wenn sich die Arbeitsrechtlichen Kommissionen von Diakonie und Caritas doch noch einmal mit der Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags Altenpflege befassen würden. Anders scheinen die dringend benötigten Verbesserungen nun in weite Ferne gerückt zu sein.
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