Die aktuell zu beklagende Energiekrise mit ihren massiv steigenden Strom- und Gaspreisen belastet die sozialen Unternehmen in der Diakonie, aber auch der anderen Wohlfahrtsverbände. Einzelne Fachverbände haben sich dazu mittlerweile sehr deutlich geäußert und stellen Forderungen an die Politik.
Niedersächsische Krankenhäuser „schwer enttäuscht“
So veröffentlichte die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft eine Pressemitteilung, in der sie sich „schwer enttäuscht vom Bund-Länder-Beschluss“ zeigt.
Der Beschluss von Bund und Ländern wird der akuten Notlage und der besonderen Situation der Krankenhäuser in keiner Weise gerecht. Die Krankenhäuser unter Verweis auf allgemeine Entlastungsmaßnahmen genauso zu behandeln wie andere Unternehmen und Branchen wird nicht funktionieren. Darauf haben wir vielfach hingewiesen. Vor dem Hintergrund des Krankenhausgipfels Ende August, der Aktion ‚Alarmstufe Rot‘ mit der Allianz für die Krankenhäuser Ende September und den übereinstimmenden Forderungen aller maßgeblichen Institutionen – zuletzt der Kommunalen Spitzenverbände am gestrigen Tag – macht die Ignoranz der Bundespolitik fassungslos.
NKG-Verbandsdirektor Helge Engelke
Evangelische Behindertenhilfe schlägt Alarm
Auch der Bundesverband der evangelischen Behindertenhilfe (BeB) hat sich bereits Ende September zur aktuellen Energiekrise geäußert und seinen Unmut bereits im Juli dem Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in einem Brief mitgeteilt. In seiner Antwort ging der Bundesarbeitsminister zwar auf die Sorgen ein, äußerte aber auch, dass die finanziellen Ausmaße noch nicht abschätzbar wären. Nun liegen laut BeB jedoch Zahlen und Daten vor: „Laut Erkenntnissen der Fachverbände sind bei den Energiekosten Steigerungsraten um das Drei- bis Zehnfache zu erwarten. Mehr als die Hälfte der Dienste und Einrichtungen befürchten Liquiditätsengpässe.“ (Quelle: BeB Pressemitteilung)
Grundproblem: gedeckelte Finanzierung
Das Grundproblem in der Energiekrise zeigt sich in der gedeckelten Finanzierung sozialer Einrichtungen. Dies trifft auf alle Tätigkeitsbereiche diakonischer Einrichtungen zu. In keinem Bereich gibt es die Möglichkeit, kurzfristige Kostensteigerungen an die Kostenträger weiterzugeben und sie so refinanziert zu bekommen. Feste Vorgaben sind unflexibel und wälzen das Risiko der Kostensteigerungen komplett auf die Einrichtungen ab, obwohl klar ersichtlich ist, dass die gleiche soziale Dienstleistung nun durch die gestiegenen Kosten deutlich höher vergütet werden müsste. Diese höhere Vergütung ist aber allenfalls in kommenden Budgetverhandlungen zu erzielen und es bleibt fraglich, ob dort überhaupt eine Erhöhung der Finanzierungssätze zu erzielen ist. Bis dahin tragen die Einrichtungen das volle wirtschaftliche Risiko und es ist auch seitens der Politik keine spezielle Entlastung für die Bereiche der Daseinsvorsorge zu erkennen.
Obwohl gänzlich andere Voraussetzungen vorliegen, werden die sozialen Einrichtungen (mit festen Refinanzierungssätzen) und freie Wirtschaftsbetriebe (mit eigener Festsetzung der Vergütungssätze) in den Entlastungspaketen einer Gleichbehandlung unterzogen. Dies ist entweder eine Bevorteilung der freien Wirtschaft, die ihre gestiegenen Kosten zusätzlich zur Entlastung einfach auf die Kunden umlegen kann, oder eine Benachteiligung der sozialen Einrichtungen, der eine Umlage auf die Kostenträger verwehrt bleibt. Oder vielleicht sogar beides?
Leidtragend: Klient:innen, Bewohner:innen, Patient:innen, Arbeitnehmer:innen
Leidtragende dieser Entwicklung sind insbesondere die Leistungsempfänger:innen der sozialen Einrichtungen. Sie sind nicht nur selbst durch höhere Energiepreise betroffen, sondern stehen auch vor der Gefahr, dass Unterstützungsangebote für sie durch die Einrichtungen eingeschränkt werden (müssen) und sie so eine schlechtere Behandlung, Betreuung und/oder Teilhabe erfahren.
Aber auch Arbeitnehmer:innen stehen unter Druck. Sie müssen die Energiekrise nicht nur privat, sondern auch im beruflichen Umfeld bewältigen. Dazu gibt es zahlreiche neue Handlungsanweisungen zum Energiesparen und Räumlichkeiten werden nur noch auf das Mindestmaß beheizt. Einige Arbeitgeber:innen sind schon auf die Idee gekommen, die betrieblichen Arbeitsplätze quasi zu streichen und Arbeitnehmer:innen ins Homeoffice zu schicken. Büros, in denen niemand arbeitet, müssen auch nicht beheizt werden. Dies ist absolut abzulehnen und die Mitarbeitervertretungen sollten ihre Arbeitgeber:innen daran erinnern, dass für jede:n Arbeitnehmer:in ein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen ist.