Erzieherin nach Kirchenaustritt gekündigt

Der Personalmangel in den Kindertagesstätten ist omnipräsent. Überall fehlen Erzieher:innen, überall ist die Personaldecke sehr dünn und das pädagogische Angebot wird teilweise eingeschränkt. Und dennoch kündigt der Evangelische Kindertagesstättenverband Buxtehude einer Erzieherin, da sie aus der Kirche ausgetreten war. So berichtet die Kreiszeitung Wochenblatt.

Erzieherin seit Mitte Mai nicht im Dienst – Eltern fragen nach

Nach dem Bericht der Kreiszeitung Wochenblatt haben die Eltern der Kita „Wilde Hummeln“ in Ottensen nach dem Verschwinden der Erzieherin zuerst die Auskunft bekommen, sie sei im Urlaub. Erst wesentlich später sei darüber informiert worden, dass man künftig getrennte Wege ginge. Ein geordneter Abschied insbesondere der Kinder von ihrer Bezugsperson sei so nicht möglich gewesen.

Unverständnis löste bei den Eltern auch der Umstand aus, dass in der Kita zeitgleich auch Mitarbeitende ohne Konfession beschäftigt sind und weiterhin bleiben. Die entstehende Ungleichbehandlung können sie nicht nachvollziehen.

Kindertagesstättenverband beharrt auf Sonderstellung der Kirche

Der Kindertagesstättenverband bleibt derweil auf dem Standpunkt, dass ein Kirchenaustritt gleichzeitig auch eine Abkehr von den christlichen Werten der Kirche ist und daher eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar sei. Das Recht, die Kirchenmitgliedschaft für Arbeitnehmer:innen vorauszusetzen zieht die Kirche aus den Sonderregelungen im Grundgesetz und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Diese Sonderregelungen gestehen der Kirche zu, eigene Anforderungen an Arbeitnehmer:innen zu stellen. Diese müssen gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs jedoch für die jeweilige Tätigkeit wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt sein. Unter diesen Gesichtspunkten dürfte die Kündigung nicht rechtens sein, denn bei gleichzeitiger Beschäftigung von nicht-konfessionellen Arbeitnehmer:innen dürfte die Kirchenmitgliedschaft keine wesentliche Anforderung sein. Ob der Fall vor dem Arbeitsgericht verhandelt werden wird, ist uns jedoch nicht bekannt.

Ein weiteres Beispiel für dringenden Handlungsbedarf seitens der Regierung

Dieses Beispiel zeigt: die Kirche nutzt die Sonderregelungen, die ihr bisher zugestanden wurden in unangemessener und völlig unlogischer Weise. Bei bestehendem Personalmangel werden motivierte und geschätzte Arbeitnehmer:innen alleine wegen des Kirchenaustritts gekündigt. Dabei stellt die Abkehr von der Institution Kirche nicht gleichzeitig auch die Abkehr von den christlichen Werten dar. Für die Kirche gibt es hier jedoch keine Ausnahmen. Diese Sonderregeln gehören daher aus unserer Sicht dringend abgeschafft. Sie sind nicht zeitgemäß und waren es wahrscheinlich nie.