Altenpflege-Tarif: VDDD verdreht Verantwortlichkeiten

 

Nach der Ablehnung des Flächentarifvertrages Altenpflege durch Caritas und Diakonie ist der Verband diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD) in Person seines Vorstandsvorsitzenden Christian Dopheide sehr bemüht, die Entscheidung der kirchlichen Träger in ein für sie günstiges Bild zu rücken. In einer Pressemeldung äußert er sich mit wirklich nicht nachvollziehbaren Ansichten zum Tarifvertrag und der Situation der Altenpflege und versucht damit die Verantwortung für das Scheitern von den kirchlichen Trägern zu weisen.

 

Dopheides Ansichten erzeugen Kopfschütteln

Schon am Freitag, dem Tag nach der Ablehnungsentscheidung durch die Caritas, erklärte Christian Dopheide in einer ersten Pressemitteilung, die Arbeitsrechtlichen Kommissionen der Caritas und Diakonie hätten „der Versuchung widerstanden, sich vor den Karren einer halbherzigen Politik spannen zu lassen“. Das liest sich auf den ersten Blick ironischerweise so, als müsste man den kirchlichen Trägern für ihre heroische Tat noch danken. Fakt ist doch aber: damit wurden wichtige und dringend notwendige Verbesserungen blockiert! Durch diese Ablehnung verdeutlicht sich die absolute Verweigerungshaltung der Kirchen, obwohl die Kirchen selbst von den Auswirkungen des Tarifvertrages kaum betroffen gewesen wären. Auch Dopheide hat das erkannt: „Wegen der hohen Tarifbindung und ohnehin attraktiveren Arbeitsbedingungen der kirchlichen Träger wären wir unmittelbar kaum betroffen gewesen.“ Es stellt sich also die Frage, wieso man die Verbesserungen bei anderen Trägern so bewertet, wie es die Arbeitgeberseiten beider kirchlichen Träger getan haben? In einer Pressemeldung aus dem Januar wurde von den kirchlichen Arbeitgebern die fehlende Refinanzierung des Tarifvertrages bemängelt. Ein fadenscheiniges Argument, das im absoluten Widerspruch zur Aussage steht, die kirchlichen Träger würden vielerorts sowieso schon tarifgebundene und deutlich höhere Löhne als der neue Tarifvertrag zahlen. Die sicher notwendige Refinanzierung hätte man mit einem allgemeinverbindlichen Altenpflegetarif zudem forcieren können. Der Druck auf die Politik wäre hier groß gewesen, den selbst für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag nun auch durch eine Reform der Finanzierungsgrundlagen für die Arbeitgeber bezahlbar zu machen. Dafür hätte es jedoch Mut und Innovationsbereitschaft auf Arbeitgeberseite benötigt. Beides scheint bei den kirchlichen Arbeitgebern mehrheitlich nicht vorhanden.

Wie stellt sich Dopheides VdDD die Zukunft der Pflege vor?

Im weiteren Verlauf der Pressemitteilung führt Christian Dopheide aus: „Die Pflege verdient jedoch bessere umfassendere Arbeitsbedingungen als einen weiteren Mindestlohn, sowie endlich ein schlüssiges Konzept für eine solide Finanzierung!“ Diese sehr allgemein gehaltenen Forderungen klingen erstmal wunderbar, bleiben in der Folge aber ein völlig substanzloses Lippenbekenntnis. Die innere Logik dieser Äußerung in Verbindung mit der Ablehnungsentscheidung fehlt, hätte man mit einer Zustimmung zum Flächentarif doch zumindest eine Grundlage geschaffen, auf der dann alle weiteren Verbesserungen nachfolgend aufbauen könnten. Die Kirchen verweigern damit den ersten großen Schritt auf einem langen Weg und fordern gleichermaßen, sich stattdessen mit einem ganz großen Wurf direkt ans Ziel zu katapultieren.

Bei all diesen Forderungen und Verweigerungen vergessen sie, dass der ganz große Wurf viel Zeit erfordert. Zeit, die die Pflege und insbesondere die Altenpflege nicht mehr haben! In Niedersachsen gehen in den nächsten 15 Jahren mehr als 40% der Pflegefachkräfte in Rente. Diese Pflegekräfte müssen nicht nur ersetzt werden, dank des demografischen Wandels ist ein Mehrbedarf schon jetzt absehbar. Eine Mammutaufgabe, die nur gelingen kann, wenn alle Beteiligten jetzt ernsthaft, konstruktiv und frei von Eitelkeiten an wirklichen Verbesserungen in der Pflege arbeiten.

Der VdDD betitelt seine Pressemitteilung mit „Schade um die verlorene Zeit!“. Dem können wir vollständig zustimmen. Die Schuld liegt hier aber ganz klar bei den kirchlichen Arbeitgebern. Bei ihnen dürfen sich tausende Altenpfleger, die vom Tarifvertrag profitiert hätten, nun ganz herzlich für stagnierend schlechte Arbeitsbedingungen bedanken.

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