Aktuell läuft die Tarifrunde 2023 im Tarifvertrag Diakonie Niedersachsen (TV DN), welcher zwischen den Gewerkschaften ver.di und Marburger Bund sowie dem Arbeitgeberverband Diakonischer Dienstgeberverband Niedersachsen (DDN) verhandelt wird. Nach dem mittlerweile zweiten Verhandlungstermin hat ver.di eine Tarifinfo herausgegeben. Demnach geht das Arbeitgeberangebot in die richtige Richtung, weicht aber noch weit von den Gewerkschaftsforderungen ab.
Die Forderungen der Gewerkschaften
Die Gewerkschaften fordern eine Entgeltsteigerung von 10,5%, mindestens aber 500€ (für Auszubildende 200€) bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Dazu sollen die unteren Lohngruppen deutlich aufgewertet, Entlastungselemente und eine Mitgliedervorteilsregelung eingefügt werden. Diese Forderungen wurden im ersten Verhandlungstermin mit den Arbeitgebervertreter:innen diskutiert.
Seitens des Marburger Bundes wurde die Forderung dahingehend erweitert, eine Gleichwertigkeit zum TV-Ärzte/VKA herzustellen. Dies insbesondere durch die Begrenzung von Arbeit zu ungünstigen Zeiten und die Einführung eines 31. Urlaubstages.
Das Arbeitgeberangebot
Vor dem zweiten Verhandlungstermin hat der DDN dann ein Angebot vorgelegt. Es beinhaltet folgende Punkte:
- eine lineare Entgeltsteigerung von 4% im Juli 2024 und weiteren 4% im Juli 2025
- eine Inflationsausgleichszahlung von 1000€ im Dezember 2023 und 1000€ im April 2024
- die Streichung der unteren Entgeltgruppen S1/S2/E1
- Aufwertung der Helfer:innentätigkeiten in der Pflege und Aufwertung im Sozial- und Erziehungsdienst
- Fahrradleasing durch Entgeltumwandlung (bekannt als „Jobrad“)
ver.di bezeichnet das Angebot als eine Umsetzung von vielen schon länger bestehenden Gewerkschaftsforderungen. Allerdings werden die meisten Verbesserungen erst ab Juli 2024 wirksam, was die Gewerkschaft kritisiert und als zu spät erachtet. Auch die Entgeltsteigerung bleibt demnach hinter vergleichbaren Abschlüssen zurück. Zur Entlastung ist zudem gar kein Angebot erfolgt. So zieht ver.di in der Tarifinfo ein Fazit: „Zu wenig und zu spät!“
Der DDN berichtet auf seiner Homepage ebenfalls über das Angebot und bezeichnet es dort als „umfangreich“ und „innovativ“. Umfangreich ist das Angebot sicherlich, auch wenn nicht alle Berufsgruppen gleichermaßen vom Angebot profitieren. Über die Innovation kann man unter objektiven Gesichtspunkten allerdings nur müde lächeln. Eine Entgelterhöhung mit vorgeschalteter Inflationsprämie, das Fahrradleasing durch Entgeltumwandlung, ein Jobticket und Vertretungszuschläge: all das sind Elemente, die es in anderen Tarifverträgen und Arbeitsvertragsrichtlinien bereits gibt. Die Innovation beschränkt sich hier offensichtlich darauf, die Puzzleteile verschiedener Puzzle zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen. Ob das passend ist? Wir wagen es zu bezweifeln.
Nächster Verhandlungstermin am 21. September
Die Verhandlungen werden am 21. September fortgesetzt, weitere Termine für Oktober und November sind schon grob terminiert. Es bleibt abzuwarten, ob die vorgefundenen Differenzen zeitnah in eine Einigung überführt werden können. Bei einer kurzen Unterstützungsaktion im Rahmen des 2. Verhandlungstermins bekräftigte Dr. Jens Rannenberg (Verhandlungsführer DDN) den Willen, sich zeitnah zu einigen.
Aus unserer Sicht wäre dies auch dringend nötig, um den Kolleg:innen zeitnah nicht nur eine finanzielle Entlastung zukommen zu lassen. Der TV DN hinkt mit jedem konkurrierenden Abschluss weiter hinterher und muss aufpassen, die Konkurrenzfähigkeit zu anderen Tarifwerken nicht gänzlich zu verlieren.